Die erste offizielle Behandlung in KM20

Bericht, 28.7.2012

 

Nachdem wir mit den Vorbereitungen sehr viel Zeit verloren hatten, konnten wir
an diesem Wochenende endlich am Kilometer 20 Gesundheitsbetreuung leisten.
Die Verzoegerung hatte mit Veraenderungen in der Direktion Municipal des
Gesundheitsministeriums , dem ueblichen Schlendrian der Behoerden sowie den
seit Wochen anhaltenden massiven Regenfaellen zu tun.

 

Wir haben die Ankuendigung 3 Tage ueber den lokalen Radiosender verbreiten
lassen und haben uns die Mitwirkung der staatlichen Gesundheitsbehoerden
gesichert um legal abgesichert zu sein, das bedeutet also , wenn eine Klage
angestrengt wird geht sie an das Gesundheitsministerium und nicht an Pfarrer
Westhof, die kath. Kirche, Terencio oder die Stiftung. Den Behoerden kommt es
gelegen das damit in Gemeinden in denen es keine Versorgung gibt , abgedeckt
wird und wir auch Aerzte garantieren. So verbessert sich ihre Statistik. Es ist also
eine sogenannte win-win- Geschichte. Die Feria wurde aber trotzdem sowohl in
der Ankuendigung im Radio wie auch in der Begruessung der Patienten durch
den Direktor des Municipios als Aktion eines Freundeskreises in Bad Wildungen
und Pfarrer Westhofs vorgesellt.

 

Es war geplant das 1 Allgemeinarzt, 1 Kinderarzt und 1 Gynaekologin
Sprechstunde abhalten. Da wir schon befuerchtet hatten das sehr viel mehr
Patienten kommen werden haben wir die Anzahl erhoeht. 4 Allgemeinaerzte , 1
Gynaekologin und ein Kinderarzt haben also Sprechstunde abgehalten.. Durch
Ihr Projekt wurden der Kinderarzt und 1 Allgemeinarzt abgedeckt.
Das Gesundheitsministerium in San Carlos hat uns – das ist ein absolutes Novum
nach vielen Jahren, in denen nur von uns an die Behoerden ausgeliehen wurde -
ein tragbares Ultraschallgereat geborgt das ich wie meinen Augapfel gehuetet
habe. Der Direktor Municpal hatte gesagt das er gern Ultraschalls machen
wuerde, einen Kursus absolviert haette. Er ist dann allerdings nicht mit dem
Geraet klargekommen. Das habe ich nicht wirklich verstanden. Also haben wir das
Geraet unverrichteter Dinge wieder zurueckgebracht. Das naechste Mal werde ich
bitten das uns mit dem Geraet auch ein Radiologe geborgt wird.

 

Das Gesundheitsministerium hat Medikamente mitgebracht. Ausserdem noch 2
Krankenschwestern die Impfungen, Krebsabstriche, etc. durchgefuehrt haben. Wir
hatten in Managua Medikamente fuer den Kinder- und den Frauenarzt gekauft.
Medikamente, die nicht in der Basisliste des Ministeriums angeboten werden.
Ausserdem haben wir Schulungen mit den Patienten durchgefuehrt: ueber Aids
und wie man sich schuetzen sollte, wir haben Aidstest vor Ort durchgefuehrt,

Kondome verteilt, ueber innerfamiliaere Gewalt gesprochen, das neue Gesetz
erklaert das Frauen und Kinder sehr viel mehr vor haeuslicher Gewalt schuetzt.
Wir haben ueber Ernaehrung gesprochen und ueber Hygiene. All dies waehrend
die Patienten Schlange gestanden haben.
In konkreten Zahlen: waehrend dieses langen Tages wurden 438 Patienten
betreut.:
37 Aidstests gemacht,
11 Kinder geimpft,
23 Krebsabstriche gemacht
7 Kinder vermessen

 

Es wurden 34 Patienten zur chirurgischen Weiterbehandlung ins Hospital in San
Carlos ueberwiesen.

 

114 Patienten wurden nach einer Initialbehandlung in die verschiedenen
Gesundheitszentren zur Weiterbehandlung ueberwiesen.
Die genaue Statistik des Medikamentenverbrauchs steht noch aus.

 

16 Personen haben fuer die Durchfuehrung der Feria gesorgt: Aerzte, Schwestern,
Sozialarbeiter, der Chauffeur, Koechin(Nelli) und natuerlich Terencio.
Die Ambulanz des Gesundheitsministerium stand vor der Tuer um ev.
Ueberfuehrungen nach San Carlos vorzunehmen und ausserdem alle anderen
Transportarbeiten zu erledigen, auf die ich dann noch im Bildbericht eingehen
werde.

 

Ich denke es war ein grosser Erfolg. Die Bevoelkerung ist wirklich gesundheitlich
sehr angeschlagen, natuerlich auch wegen des derzeit herrschenden Klimas.




Wir haben uns morgens frueh um kurz Nach 5 Uhr auf den Weg gemacht. Das Boot mit dem wir nach Sabalos gefahren sind war La Carleña, ein fuer 15 Personen
ausgelegtes Boot das allerdings durch gewitzte und optimale Platzausnutzung
nun mit 36 Personen unterwegs war. Es war nicht ganz einfach seine Beine
unterzubringen, das ist eher etwas fuer sehr kleinwuechsige und kurzbeinige
Zeitgenossen. Erschwert wurde die Lage dadurch, das der Bootsassistent sich 8 mal durch den praktisch nicht existenten Gang gequetscht hat. Um seine Tasche abzulegen hat man sich etwas ausgedacht:. unter dem Dach haengen Papierkoerbe. Um nicht unterzugehen sind die Seitenwaende durch Blechplatten erhoeht worden. Aber das Boot hat ein Dach und einen 225 Ps Motor. Um 7:30 kamen wir in Sabalos an und waren darueber auch wirklich froh. Dort sollte uns die Ambulanz erwarten. Sie war nicht da. Nach einige Anrufen kam dann der Direktor des Municipios, im sportlichen Feizeitoutfit, zu dem Zeitpunkt wusste er noch nicht das auch er arbeiten sollte. Als wir alle Mitbringsel in die Ambulanz geladen hatten blieb fuer uns kein Platz mehr. Das MINSA-Personal musste ja auch noch transportiert werden. Darum haben wir weitere 25 Dollar Investiert um mit einem Taxi zum Kilometer 20 zu fahren. Ich ging davon aus, das die Patienten schon seit dem fruehen Morgen warten und mein Vertrauen in die prompte Erledigung durch das MINSA war und ist begrenzt. In diesem Fall habe ich aber mit dem Chauffeur gesprochen, Bruder vom Vaquero, dem frueheren Bootsfuehrer von Pfarrer Westhof (Der inzwischen leider wegen Totschlags lebenslaenglich einsitzt)



Das erwies sich als kluger Schachzug. Er hat das MINSA-Personal zusammengetrieben Und sie kamen dann auch recht schnell. Am Kilometer 20 erwarteten uns schon sehr viele Patienten. Wir haben uns auf die verschiedenen
Raeume verteilt. Zum Teil mussten Betten rausgetragen werden. Zum Glueck ist das Haus auf Stelzen gebaut. So konnten wir unter dem Haus auch noch drei provisorische Konsultorien einrichten Es blieben also ein Allgemeinmediziner, die Gynaekologin und der Kinderarzt oben im Haus. Gelegentlich uebernahmen
die 2 Schwestern um Abstriche zu machen. Ausserden war oben auch noch die Apotheke. Die Aerzte kamen um sich zu Informieren welche Medikamente vorhanden waren. Dann gings los. Inzwischen sah es vorm Haus aus wie bei einem open-air Konzert. Es hatte sich gut gefuellt. Lidieth musste sich um die Aufstellung in den
verschieden Schlangen kuemmern, um das Besorgen von Dingen die uns fehlten usw. Sonia begann sofort damit die Wartenden mit Vortraegen zuzuwerfen:
Ueber Aids, die Benutzung von Kondomen, Innerfamiliaere Gewalt, das neue Gesetz,
Geschlechtergleichheit etc. Das war praktisch die Hintergrundsmusik die uns
begleitet hat. Nur unterbrochen wenn sie Kondome kostenlos verteilt hat. Cecilia hat die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Beratung vor und nach dem Aidstest
durchgefuehrt sowie die psychosoziale Beratung. Auch sie fand Platz unter dem Haus.


Es fanden sich immer mehr Patienten ein. Sicher auch sehr viele vom Km 20 aber die meisten kamen von weit entlegenen Gemeinden. Die Finca verwandelte sich zeitweise in einen Pferdebahnhof. Die Ambulanz fuhr los und kaufte Wasser, Kekse,
Getraenke. Dann gab sie fuer kurze Zeit den Geist auf. Als sie wieder eingesetzt werden konnte musste sie alle Kirchenbaenke aus der Kirche am Km 20 holen damit
die Patienten sich hinsetzen konnten. Antonio machte Allgemeinsprechstunde und
fuehrte auch die AIDS- Tests durch. Die Schwestern namen Krebsabstriche ab,
fuehrten Impfungen durch,namen die biometrischen Messungen bei den Kindern vor, so heisst das glaube ich, um Daten ueber den Entwicklungsstand zu haben. Terencio und ich begaben uns in die Apotheke die von nun an von einer rezeptbewaffneten immer groesser werdenden Menschenmasse belagert wurde. Um eine Kontrolle ueber den Medikamentenverbrauch zu haben musste ich alles auf einen neuen Zettel uebertragen, dass ist methodisch noch verbesserungsbeduerftig. Ich hoffe die Patienten kommen mit meiner Schrift klar. Habe mich aber bemueht leserlich zu schreiben. Das Problemist, wenn es darum geht kostenlos Medikamente zubekommen verfluechtigt sich jedes Sozialverhalten, es herrscht das gnadenlose Gesetz des Staerkeren, die Masse bewegt sich traege, staetig und bedrohlich auf uns zu und versucht die Tuer einzurennen.



Selbst Terencios unerschuetterliche Freundlichkeit brach zwischenzeitlich etwas ein. Er war entruestet, Christen dureften sich nicht so asozial verhalten. Und hat mir dann nachdenklich mitgeteilt das es sicher jetzt einige Leute gibt die ihn nicht mehr moegen. Danach habe ich es uebernommen die Menge zu vertreiben. Er muss ja da arbeiten und leben .. ich nicht. Aber wir haben das ganz gut in den Griff bekommen. In frueheren Jahren bei unseren Gesundheitsreisen war das der Part den Pfarrer Westhof uebernehmen musste. Der Direktor des Municipios, ein Allgemeinmediziner
der normalerweise nur am Schreibtisch sitzt, nun aber auch mit ran musste, kam jedes Mal wenn er ein Rezept ausgestellt hatte um seine Patienten bevorzugt zu bedienen damit sie nicht warten muessen. Ich moechte auch gern immer gut sein, geht aber nicht. Er hat den Betrieb aufgehalten, Terencio in stumme, verbissene Wut gebracht und bedrohliches Gemurre unter den Wartenden ausgeloest. Daher habe Ich ihn zur Ordnung gerufen und von Stund an war dieses Problem behoben. Irgendwann so gegen halb fuenf am Nachmittag haben die Aerzte mit der Sprechstunde aufgehoert. 2 von Ihnen kamen In die Apotheke und halfen bei der Ausgabe weil die Masse irgendwie nicht kleiner werden wollte. Auch Lidieth war inzwischen mit Terencio beim Tablettensuchen und zaehlen. Wir hatten seit kurz nach 8 Uhr morgens in einem Stueck durchgearbeitet, ohne Zeit mit Kopfheben, aus dem Fester gucken etc. zu vergeuden. Ich habe meinen Ruecken kaum noch gespuert. Darum bin Ich dann runtergegangen um noch einige organisatorischen Arbeiten zu erledigen und wieder in die aufrechte Gangpositon zurueckzukehren. Nun leerte sich die Finca auch langsam. MINSA brachte die Kirchenbaenke zurueck, Nelli machte fuer alle Cafe und wir haben dann zu Mittag gegessen. Waren alle sehr muede aber auch sehr zufrieden. Und nun konnten die Schafe wieder von ihrem angetammten Platz Besitz ergreifen. Beobachtet von den Affen.

 

MINSA hat uns gegen Zahlung des Sprits nach San Carlosgefahren. Im letzten Moment haben wir die Faehre genommen. Dem Faehrmann war das anscheinend nicht so lieb. Er wollte offensichtlich mit Steinwuerfen Affen bewerfen. Da es sich um
eine motorbetriebene Faehre ohne Seil handelt haben wir uns da nicht so wohl und sicher gefuehlt. Dann ging es nach San Carlos. Die Strasse ist sehr schlecht. Ab Esperanza wird es etwas besser. Und nun hat uns der Chauffeur vorgefuehrt was aus dem alten Kasten noch rauszuholen ist. Mit 90- 100 Sachen sind wir durch die Ortschaften gebrettert. Dank weiser Voraussicht des Chauffeurs hat es keine Toten oder Verletzten gegeben: Immer wenn ein Auto ueberholt oder eine Ortschaft
durchquert wurde, man sich einer unuebersichtliche Kurve mit unverminderter
Geschwindigkeit genaehert hat wurden Martinshorn und Blaulicht eingeschaltet.
Wir sind aber heil angekommen. Ich habe mich auch schon wieder erholt ,nur noch
etwas Muskelkater in beiden Armen vom krampfhaften Festkammern auf der
Rueckfahrt

 

Bis Zum Naechsen Mal !



Bericht über die erste offizielle Behandlung in KM20 im Gebiet des Rio San Juan im PDF Format zum Downloaden
Bericht der ersten offiziellen Behandlun[...]
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Einen " RIESEN DANK " an HILDE DUEVEL, für diese gewaltige Leistung vor Ort

D A N K E --- H I L D E !!! Lieben Gruß aus Deutschland, Ralf


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